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...über die Struktur der Gerichte und (Staats-)anwaltschaften

Welches Gericht für welche Delikte und welche Aufgabenbereiche zuständig ist, kann im Weiteren nachgelesen werden. Außerdem werden hier die beteilgten Personen an einem Gerichtsverfahren vorgestellt.

Gerichte und Zuständigkeiten

Amtsgerichte (AG)

Das Amtsgericht ist das erste zuständige Gericht in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und zuständig für Zivilsachen und Strafsachen. In Zivilsachen wird durch einzelne Richterinnen und Richter entschieden, bei Strafsachen kann auch das Schöffengericht Urteile fällen.

Das Amtsgericht ist in Zivilsachen zuständig bei:

  • Vermögensrechtlichen Ansprüchen bis 5000€, manchmal auch über 5000€ zum Beispiel bei Familien- und Kindschaftssachen, Unterhaltspflicht, Grundstücksüberlassungen, Mietstreitigkeiten
  • Mahnverfahren und rechtliche Betreuung             
  • Insolvenz-, Vollstreckungs-, und Registergericht, Betreuungsgericht, Schifffahrtsgericht sowie Grundbuchamt

 

Außerdem ist es zuständig in Strafsachen bei Vergehen und Verbrechen, soweit nicht nach § 24 GVG die Zuständigkeit eines höheren Gerichts gegeben ist. Ein anderes Gericht wird zuständig, wenn:

  • die zu erwartende Strafe höher ist als 4 Jahre Freiheitsentzug,
  • eine psychiatrische Unterbringung zu erwarten ist,
  • oder Sicherungsverwahrung erwartet wird,
  • der Fall eine besondere Bedeutung hat und/oder Zeuginnen und Zeugen geschützt werden müssen.

 

Beim Amtsgericht kann man sich selbst vertreten, außer bei Ehestreitigkeiten.

Bei Urteilen des Amtsgerichts geht die Berufung an das Landgericht (bei Zivilsachen und Strafsachen). Bei Familien- und Kindschaftssachen erfolgt die Berufung beim Oberlandesgericht.

 

In Sachsen-Anhalt gibt es 25 Amtsgerichte. Eine grafische Übersicht findest du hier.

Landgerichte (LG)

Das Landgericht ist das nächst höhere Gericht nach dem Amtsgericht. Fälle, die nicht in der Zuständigkeit des Amtsgerichtes liegen, werden im Landgericht verhandelt.

In Zivilsachen ist das Landgericht dann zuständig bei:

  • allen nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten (Streitigkeiten ohne Anspruch auf finanzielle Mittel z.B. bei Sorgerecht)
  • für vermögensrechtliche Ansprüche über 5.000€

  • Ansprüchen gegen verbeamtete Personen bei Amtspflichtverletzung

  • Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen

  • Berufungen (bei Streitwert über 600€) und Beschwerden gegen Urteile und Beschlüsse des Amtsgerichts

 

Zuständig in Strafsachen ist das Landgericht bei Verbrechen und Vergehen, soweit nicht das Amtsgericht oder ein höheres Gericht zuständig ist, also wenn zum Beispiel:

 

  • die zu erwartende Strafe höher ist als 4 Jahre Freiheitsentzug,

  • eine psychiatrische Unterbringung zu erwarten ist,

  • oder Sicherungsverwahrung erwartet wird,

  • der Fall eine besondere Bedeutung hat und/oder Zeuginnen und Zeugen geschützt werden müssen.

 

Beim Landgericht besteht meistens eine Anwaltspflicht.

Berufung gegen Urteile des Landgerichtes, die nicht vorher beim Amtsgericht verhandelt wurden, gehen an das Oberlandesgericht.

 

In Sachsen-Anhalt gibt es 4 Landgerichte. Eine grafische Übersicht findest du hier.

Oberlandesgerichte (OLG)

Das Oberlandesgericht ist das höchste Gericht in Sachsen-Anhalt.

Es ist zuständig für Zivil-, Familien- und Strafverfahren sowie die freiwillige Gerichtsbarkeit (Nachlassangelegenheiten und Grundbuchsachen).

 

Im Zivilrecht entscheidet das Oberlandesgericht über Berufungen und Beschwerden gegen Urteile oder Beschlüsse des Landgerichts und in Familiensachen und Kindschaftssachen über Berufungen und Beschwerden gegen das Amtsgericht.

 

In Strafsachen ist das OLG zuständig für Revisionen gegen Urteile der Amtsgerichte und gegen Berufungsurteile der Landgerichte. Das OLG befasst sich außerdem mit Beschwerden gegen Beschlüsse der Landgerichte und mit Rechtsbeschwerden in Bußgeldsachen, die vom Amtsgericht entschieden wurden.

 

Delikte im Bereich des Staatsschutzes werden direkt und als erstes durch das OLG verhandelt.

 

Das OLG befindet sich Sachsen-Anhalt in der Stadt Naumburg.

Gerichtsvollzugswesen (Zwangsvollstreckung)

Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher sind verbeamtete Personen des Amtsgerichts.

Sie übernehmen Zwangsvollstreckungen, die nicht vom Gericht gemacht werden wie Pfändungen, Versteigerungen und die Wegnahme beweglicher Sachen (Möbel, TV und so weiter). Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher dürfen gewaltsam die Räume der in Schuld stehenden Person öffnen. Die Anfertigung eines Protokolls ist Pflicht.

 

Seit 2009 dürfen Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher nicht nur von der Meldebehörde, sondern auch von anderen Behörden Auskunft über den Aufenthaltsort der Beschuldigten erhalten.

 

Betroffene Personen sollten eine Vollstreckung vermeiden. Entweder sollten die Schulden/Leistungen freiwillig bezahlt werden oder sich gegen unberechtigt gerichtliche Forderungen gewehrt werden. Bei der Vollstreckung wird nicht mehr geprüft, wer im Recht ist.

(Staats-)anwaltschaften

Staatsanwaltschaften

Zu den Aufgaben einer Staatsanwaltschaft gehören die Leitung des Ermittlungsverfahrens, die Anklagerhebung und die Vertretung des Staates vor Gericht.

Außerdem übernehmen sie die Strafvollstreckung und die Bearbeitung von Gnadenanträgen.

 

Sobald die Staatsanwaltschaft Kenntnis erhält über das mögliche Vorliegen einer strafbaren Handlung, ist sie verpflichtet ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen. Kenntnis erhält sie über Anzeigen oder anderweitige Ermittlungen.

 

Die Staatsanwaltschaft entscheidet über Ermittlungshandlungen wie Vernehmung von Zeuginnen und Zeugen, Durchsuchung von Räumlichkeiten und andere Handlungen.  

 

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob sie Anklage erhebt. Sie wird als Anklagebehörde bezeichnet, weil neben der Privatklage nur die Staatsanwaltschaft Anklage erheben kann. Nur durch eine Anklage entsteht ein Strafverfahren.

 

Ist es zu einer Verurteilung gekommen, leitet die Staatsanwaltschaft die Vollstreckung ein und überprüft die Umsetzung.

Außerdem untersucht die Staatsanwaltschaft alle Todesfälle, bei denen eine unnatürliche oder ungeklärte Todesursache bescheinigt wird.

 

In Sachsen-Anhalt gibt es 4 Staatsanwaltschaften. Hier eine Übersicht.

Generalstaatsanwaltschaft

Die Generalstaatsanwaltschaft wird am Oberlandesgericht tätig. Sie ist dann Ermittlungs- und Anklagebehörde wie sonst die Staatsanwaltschaften, und zwar bei Fällen, die direkt am Oberlandesgericht verhandelt werden. 

Darüber hinaus übernimmt sie Fälle im Bereich Rechtsanwalts- und Steuerberatersachen und ist Sach- und Dienstaufsichtsbehörde gegenüber der Staatsanwaltschaft.

In Sachsen-Anhalt ist sie die Zentralstelle für organisierte Kriminalität. Der Sitz ist in Naumburg.

Rechtsanwaltschaft

Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen sind unabhängig von der staatlichen Rechtspflege. Sie vertreten und beraten Menschen bei Rechtsangelegenheiten.

Zwischen der auftraggebenden Person (Mandantin und Mandant) und den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten besteht ein Vertrag.

 

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen Aufträge nicht direkt annehmen oder ablehnen. Sie dürfen nicht tätig werden bei Interessenskonflikten, wenn ihnen standeswidriges Verhalten zugemutet wird oder wenn zu Mandantinnen und Mandanten ein Dienstverhältnis besteht.

 

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte vertreten einseitig die Interessen ihrer Mandantinnen und Mandanten. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dürfen nicht bewusst lügen oder zum Lügen auffordern.

 

Der Austausch zwischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und der Mandantinnen und Mandanten ist geschützt durch das Aussageverweigerungsrecht (§ 383 ZPO, § 53 StPO), die Geheimhaltungspflicht (§ 203 StGB) und die Strafvorschrift gegen Parteiverrat (§ 356 StGB).

 

Diese Seiten können bei der Suche nach Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten helfen:

https://www.brak.de/fuer-verbraucher/anwaltssuche/

https://www.bea-brak.de/bravsearch/search.brak

Rechtspflege

Rechtspfleger und Rechtspflegerinnen übernehmen Aufgaben der Gerichte und Staatsanwaltschaft,  die früher Richter oder Richterinnen und der Staatsanwaltschaft vorbehalten waren.

Sie sind verbeamtete Personen im gehobenen Justizdienstes. Als Arbeitsgrundlage dient ihnen dabei das Rechtspflegergesetz.

 

Zu ihren Aufgaben gehören:

  • Grundbuchsachen 
  • Nachlasssachen 
  • Durchführung von Insolvenzverfahren
  • Vormundschafts- und Betreuungssachen 
  • Registersachen 
  • Angelegenheiten der Zwangsvollstreckung 

 

Neben ihren Tätigkeiten in der Rechtpflege nehmen Rechtspfleger und Rechtspflegerinnen auch wichtige Aufgaben in der Justizverwaltung wahr. Dazu gehören z.B. Aufgaben zum inneren Dienstbetrieb einer Justizbehörde, Mitwirkung bei der Dienstaufsicht, Vertretung der Staatskasse, aber auch Tätigkeiten in der Verwaltungs-, Arbeits-, und Sozialgerichtsbarkeit.  

weitere Beteiligte eines Gerichtsverfahrens

Neben Staatsanwälten und Staatsanwältinnen und Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen gibt es weitere beteiligte Personen bei einer Gerichtsverhandlung. 

Nebenkläger und Nebenklägerinnen

Bei einigen Delikten erhebt automatisch die Staatsanwaltschaft die Anklage, diese nennen sich Offizialdelikte (siehe auch Strafanzeige vs. Strafantrag). Eine Anklage durch die geschädigten Personen ist hier nicht notwendig.

Trotzdem können sich geschädigte Personen der Anklage der Staatsanwaltschaft anschließen und gelten dann als Nebenkläger bzw. Nebenklägerinnen. Ihnen werden im Verfahren bestimmte Rechte eingeräumt. Dazu zählen:

  • Informationsrechte über den Stand des Verfahrens
  • Anhörungsrechte und das Recht, zu einzelnen Aspekten Stellung zu nehmen und Erklärungen abzugeben
  • Einsicht in die Akten (aber nur über einen Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin)
  • das Recht, Fragen zu stellen an die angeklagten Personen, Zeugen und Zeuginnen oder sachverständige Personen 
  • das Recht, Richter oder Richterinnen oder Sachverständige wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen
  • Beweisantragsrecht
  • das Recht, Fragen oder Anordnungen der vorsitzenden Person zu beanstanden
  • ein (allerdings beschränktes) Recht, gegen ein Urteil Rechtsmittel einzulegen

 

Dies ist vor allem bei Straftaten möglich, wie: Sexualdelikte, Beleidigungsdelikte, Körperverletzungsdelikt, Freiheitsdelikte und versuchte Tötungsdelikte. Aber auch andere Delikte sind möglich, wenn besondere Gründe vorliegen.

Zeugen und Zeuginnen

Zeuge oder Zeugin wird man, wenn man etwas vom vorliegenden Delikt gesehen hat bzw. etwas zur Aufklärung des Deliktes sagen kann.

Wenn Zeugen bzw. Zeuginnen dem Gericht bekannt sind und aussagen sollen, erhalten sie eine Ladung vom Gericht. Man ist verpflichtet vor Gericht zu erscheinen.

Nur wenn schwerwiegende Gründe (z.B. eine chronische Krankheit) vorliegen, kann ein schriftlicher Befreiungsantrag gestellt werden. Die Gründe müssen bewiesen werden, in dem man Nachweise mit sendet.

 

Kommen geladene Personen nicht, folgen in der Regel Konsequenzen:

  • Kosten müssen getragen werden, die durch Fehlen entstanden sind
  • Ordnungsgeld von bis zu 1 000 Euro
  • Zeugen bzw. Zeuginnen können zwangsweise vorgeführt werden

 

Damit man der Ladung trotz Arbeitsverhältnis nachkommen kann, wird man von der Arbeit befreit.

 

Jeder Zeuge oder Zeugin hat Anspruch auf Erstattung. Dabei gibt es die Möglichkeit, einen Antrag auf die Erstattung des Verdienstausfalles oder eine „Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung“ oder eine „Entschädigung für Zeitversäumnis“ zu stellen. Auch Fahrtkosten können erstattet werden. Der Erstattungsantrag wird in der Regel mit der Ladung mit gesendet. 

 

Als Zeuge oder Zeugin wird man zunächst immer über die Strafbarkeit einer Falschaussage belehrt. Diese sollte man unbedingt erst nehmen, denn eine Falschaussage ist nach dem Strafgesetzbuch mit erheblichen Strafen belegt.

 

Zu einer Aussage ist man in der Regel verpflichtet. Nur in bestimmten Fällen, gibt es ein Recht zur Aussagenverweigerung, vor allem dann, wenn ein enges Verhältnis oder eine Verwandtschaft zur angeklagten Person besteht.